PD Dr. Bozana Meinhardt-Injac: Arbeitsschwerpunkte

Bozana Meinhardt-Injac

 

Curriculum Vitae
Forschung
Publikationen
Lehre

 

Theory of Mind“ im Erwachsenenalter: Wie wissen wir, was andere denken und wie sie sich fühlen?

Mit dem Begriff „Soziale Kognition“ werden verschiedene mentale Prozessen zusammengefasst, welche wir für alltäglichen soziale Interaktionen benötigen. Ein wichtiger Aspekt der sozialen Kognition ist die sogenannte „Theory of Mind“ (auf Deutsch etwas umständlich mit „Theorie des Geistes“ übersetzbar). Die Theory of Mind beschreibt die Fähigkeit, seinen Mitmenschen mentale Zustände, Emotionen und Ziele zuzuschreiben und zu wissen, dass diese sich von den eigenen unterschieden können. Ich weiss, dass Person X etwas weiss oder etwas nicht weiss. Diese Fähigkeit ist dafür Andere zu verstehen und ermöglicht es uns zum Beispiel auch, andere zu täuschen.

Ein grosser Teil der bisherigen Forschung zur Theory of Mind beschäftigt sich mit der Frage, ab wann Kinder über diese verfügen. Während einige grundlegende Aspekte der ToM, wie die Repräsentation von Grundemotionen, bereits in Säuglingsalter überraschend gut entwickelt sind, dauert die Entwicklung von anderen Aspekten, wie dem Verständnis von Emotionen im sozialen Kontext oder erkennen von sozialen faux pas (also Situationen in welchen eine Person unbeabsichtigt gekränkt wurde), bis ins junge Erwachsenenalter an. Ungelöst ist dabei die Frage, welche Informationen für die Zuschreibung von Gedanken und Emotionen mentalen und emotionalen Zuständen benötigt werden und welche kognitive Prozesse dabei beteiligt sind. Oder anderes gesagt: Wie wissen wir was andere fühlen und denken?

Dieser Frage hat sich ein Forscherteam der Universität Mainz um Bozana Meinhardt-Injac in Zusammenarbeit mit Moritz Daum von der Universität Zürich angenommen. In einer umfassenden Testbatterie bestehend aus 15 Tests wurden unterschiedliche sozial-kognitive Prozesse bei insgesamt 343 Personen im Alter zwischen 17 und 40 Jahren gemessen. Die Aufgaben waren so ausgesucht, dass sie einerseits individuelle Unterschiede in dem expliziten Wissen über das Denken und die Emotionen Anderer erfassten (z.B. aus der Stimme oder dem Gesichtsausdrück). Zusätzlich wurden weitere kognitive und Wahrnehmungsprozesse erfasst.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sich Menschen in ihrer Fähigkeit, die Gefühle und das Befinden Anderer zu erkennen, stark unterscheiden. Es wurden zwei Faktoren identifiziert, die einen Teil dieser individuellen Unterschiede erklären. Einerseits stehen die Sprachkenntnisse im engen Zusammenhang mit der Theory of Mind. Der Einfluss von Sprache auf die Theory of Mind und ihre Entwicklung in Kindheit ist ein etablierter Befund. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass diese Verbindung zwischen Sprache und Thery of Mind selbst im Erwachsenenalter noch erhalten ist. Ausserdem zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Theory of Mind und Wahrnehmungsprozessen (zum Beispiel, die Wiedererkennung von Gesichtern).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Menschen in ihrer Fähigkeit zur Theory of Mind unterscheiden. Damit diese komplexe kognitive Aufgabe gemeistert werden kann, es ist wichtig relevante Information wahrzunehmen (z.B. aus dem Gesicht oder Stimme) und die Informationen sprachlich zu repräsentieren (z.B. Nuancen in der Bedeutung zwischen den mentalen Zuständen wie nachdenklich und besorgt).

Zugehörige Publikation:
Meinhardt-Injac, B, Daum M. M., Meinhardt, G., & Persike, M. (2018). The Two-Systems Account of Theory of Mind: Testing the links to social- perceptual and cognitive abilities. Frontiers in Human Neuroscience 12. https://doi.org/10.3389/fnhum.2018.00025.